Mit dem Bus nach Russland

Foto: Milva-Katharina Klöppel
Drei Hauptstädte in 13 Tagen: Stimme-Leser fahren rund 4800 Kilometer von Heilbronn bis nach St. Petersburg
Jetzt fahren wir nach Moskau“, sagt Andrej Gebel und strahlt über das ganze Gesicht. Auf diesen Moment hat der erfahrene und beliebte Buspilot von Gross Reisen 18 Jahre lang gewartet.
1992 kam Gebel gemeinsam mit seiner Frau Lilly aus dem Ural nach Deutschland. Seit 2001 träumte er davon, seinen zahlreichen Fahrgästen einmal seine Heimat Russland zu zeigen. Und äußerte dies stets auf vielen Touren im Scherz. Nicht wenige Teilnehmer sind wie Christiane Kuznik aus Heilbronn deshalb bei dieser ganz besonderen Reise dabei: „Andrej ist einfach ein liebenswerter Mensch“, so Kuznik, „da musste ich mitfahren.“ Insgesamt 4814 Kilometer sollen Kuznik und die übrigen 39 Teilnehmer in den nächsten 13 Tagen zurücklegen. Über die polnische Grenze bei Görlitz geht es durch die mittelschlesische Tiefebene nach Breslau. Hier nimmt Reiseführerin Elisabeth die Gäste in Empfang und berichtet von der Historie der Stadt und weist auf die touristische Attraktion, die Zwergen, die an die Oppositionsbewegung in den 80ern erinnern sollen, hin.
Auf dem Weg nach Warschau ist dann bereits Vladimir Smirnoff dabei – der stets gut gelaunte Reiseleiter für die nächsten neun Tage. Problemchen mit Latrinchen, wie Smirnoff die Toilettenstops liebevoll nennt, kommen ab jetzt keine mehr auf. Als wandelndes Lexikon führt der Reiseleiter die Gruppe in die Geheimnisse der russischen, polnischen und lettischen Küche ein, erklärt Jahrhunderte alte Konflikte zwischen den Völkergruppen und unterhält die Gruppe stets mit lockeren Sprüchen.
Jede Nacht in einer anderen Hauptstadt schlafen? Kein Problem. Von der polnischen Hauptstadt Warschau geht es weiter nach Vilnius. Die Altstadt der Hauptstadt Litauens gehört seit 1994 zum Welterbe der Unesco und besticht durch ihre mittelalterlichen Gassen, kleinen Hinterhöfe und eine Vielzahl von barocken Kirchen. Ausgebremst wird die Reisegruppe an der lettisch-russischen Grenze. „Da merkt man erstmal, wie wertvoll ein vereintes Europa ist“, sagt Gerlinde Kraus aus Obersulm. „Eine Grenzerfahrung“, schiebt sie hinterher. Unwohl gefühlt habe sie sich aber während der Reise nicht ein einziges Mal. Auch nicht in Moskau, wo immerhin 13 Millionen Menschen leben.
In der russischen Hauptstadt trifft die Gruppe am fünften Tag ein und ist beeindruckt. Von den Metrostationen, die wie Paläste aussehen, vom Kreml, von den Kirchen. Vom süßen Eis im Luxus-Kaufhaus Gum. 48 Stunden in Moskau mögen kurz erscheinen, reichen aber aus, um zu begeistern. Auf der 700 Kilometer langen Strecke nach St. Petersburg wird noch ein Stopp in Nowgorod eingelegt, der Wiege Russlands.
Genau vor 20 Jahren war Doris Holch mit ihrem Mann schon einmal in St. Petersburg. Viel hat sich seither verändert, stellt die 91-Jährige fest. Nicht zuletzt die Anzahl der Besucher in der Eremitage oder aber im Katharinenpalast – die hat sich vermutlich verdreifacht. Die Pracht der Stadt an der Ostsee lockt einfach. Über das Binnenmeer geht es von Helsinki am letzten Tag mit einer Fähre zurück nach Deutschland. mkk