Habsburg, Gulasch-Sozialismus und EU

Reise-Gruppenbild: Habsburg, Gulasch-Sozialismus und EU

Auf der südsteirischen Weinstraße verläuft die Grenze zwischen Österreich von Slowenien oft auf dem Mittelstreifen. Hinter dem nächsten Hügel strahlen abends die Flutlichter der Weltcup-Skipiste von Maribor. Ungarn ist nicht weit. 34 Stimme-Leser begaben sich mit Busfahrer Uwe Petau von Müller Reisen (Massenbachhausen) und Reiseleiter Werner Weidenmann auf eine ebenso genussvolle wie lehrreiche Wein- und Kulturtour. Sie führte vor allem durch Ungarn und streifte seine westlichen Grenzregionen. Wo einst der Eiserne Vorhang den Westen vom Ostblock trennte und die EU nach dem Gulasch-Sozialismus noch in den Kinderschuhen steckt, gibt es viele historische Berührungspunkte. Sie wurzeln im Habsburgerreich. Die K.-u.-K.-Herrlichkeit ist zwar vor 100 Jahren untergegangen, aber noch ablesbar: etwa in Bad Wimpfens Partnerstadt Sopron mit ihren teils renovierten, teils abgeblätterten Fassaden, an zweisprachigen Inseln, am Essen, aber auch am Wein, der den roten Faden der Stimme-Leserreise bildete.

Ausgerechnet an der schwäbischen Parade-Rotweinsorte Lemberger lässt sich das beispielhaft festmachen. Im österreichischen Burgenland, wo das Weingut Pfneisl ganz auf Internationalität setzt, heißt sie Blaufränkisch, in Ungarn Kékfrankosch. Junge Güter wie Jasdi in Csopak, Laposa in Badacsony und vor allem der in Villány im „Bordeaux des Ostens“ angesiedelte Top-Produzent Bock stocken derzeit in großem Stil auf. Nachbar Gere reichte den Gästen gerne einen Kékfrankosch-Rosé. Der Legende nach kam der Lemberger über die Grafen von Neipperg an der Neckar, mutmaßlich hatten ihn auch sogenannte Donauschwaben auf Heimaturlaub im Gepäck. Eine These, die Führerin Maria Miskovics gerne teilte; auch ihre Vorfahren fanden im 18. Jahrhundert über Ulm nach Ungarn.

Plattensee, Vinotheken und Adelsfamilie

In Strömen zog es zu DDR-Zeiten deutsche Touristen an den Balaton, auch Plattensee genannt. Das maximal 14 Meter tiefe Flachgewässer ist dreimal so groß wie der Bodensee und sorgt für ein ideales Weinbauklima. Die Stimme-Weintouristen kamen hier bei frischen, spritzigen Weißweinen in hochmodernen Vinotheken mit toller Aussicht auf ihre Kosten. Fans von bodenständiger Kost begeisterten sich am Puszta-Programm mit Pferdevorführungen und Kutschfahrt sowie an einem TV-reifen Folkloreabend im rustikalen Esterházy-Keller.

Die Adelsfamilie Esterházy hat in der Region prächtige bauliche Zeugnisse hinterlassen. Auch die Römer und natürlich die Kirche hinterließen tiefe Spuren, wie die weithin sichtbare Benediktinerabtei auf der Halbinsel Tihany zeigt. Zu Europas Kulturhauptstadt avancierte 2010 die Perle Südungarns, Pécs, Neben römischen Grabstätten zeugt eine als Kirche genutzte Moschee im Zeichen von Halbmond und Kreuz von einer – nicht immer harmonischen – kulturellen Cuvée.

Ein Schlenker zum slowenischen Slow-Food-Winzer Hlebec in Kog und ein Abstecher in die Südsteiermark rundete die vinophile Tour ab. Im Weingut Kästenburg war das Hallo groß: Chef Werner Barthau stammt aus Gellmersbach, Frau Ilse ließ Sektkorken und andere Knaller los. Sogar WG-Wengerter konnten noch was lernen. Die Erzherzog Johann Weine GmbH in Ehrenhausen zeigte, wie sie Trauben von 240 Standorten geschmacklich unter ihr Wahrzeichen bekommt, also unter einen Hut. Kilian Krauth

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