Auf den Spuren der Waldenser im Luberon

Stimme Leserreise - Auf den Spuren der Waldenser im Luberon

April 1545: Tausende Waldenser im südfranzösischen Lubéron werden Opfer grausamer Massaker, Die Spuren der Zerstörung, aber auch das Vermächtnis der Waldenser ist bis heute in diesem Provence-Landstrich abzulesen. Eine fünftägige Leserreise eröffnete faszinierende Einblicke.

„Eine Erholungsfahrt“, resümierte Busfahrer Uwe Petau zum Abschluss, „war das jetzt bestimmt nicht.“ Sollte es auch nicht sein. Dafür gab es zu viel zu besichtigen und zu erzählen, als rund 35 Teilnehmer mit dem komfortablen Müller-Bus den Lubéron erkundeten. Reiseleiter Kay Weidenmann bewährte sich als wandelndes Lexikon in Sachen Waldenser-Historie, vor Ort wurde er von lokalen Experten unterstützt.

Eine Station war Mérindol – ein Städtchen, das für die provencalischen Waldenser schicksalshafte Bedeutung erlangte. Ihre Wurzeln hat die christliche Gemeinschaft schon im 12. Jahrhundert, als ein gewisser Petrus Valdes aus Lyon die Rückbesinnung auf das Evangelium forderte – ein früher reformatorischer Gedanke. Einige Hochtäler im Piemont entwickelten sich zum Stammland der Waldenser. Im Laufe der Jahrhunderte wurden sie zum Spielball der Geschichte. Flucht und Vertreibung, Verurteilung als Ketzer und Zeiten relativer Ruhe wechselten sich ab.

Auch in Württemberg haben sie Spuren hinterlassen

Aus dem Piemont vertriebene Waldenser haben etwa den heutigen Nordheimer Ortsteil Nordhausen gegründet. Im Lubéron wurden die Waldenser im 16. Jahrhundert eines Aufstands bezichtigt, eine angebliche „Urteilsvollstreckung“ geriet zu eben jenen Massakern, die Tausende Waldenser das Leben kosteten. Der Rest floh, einige Familien kehrten später zurück. In Mérindol zeugen davon die Ruinen des zerstörten Oberdorfes und das Museum La Muse. Die Führung übernahm Horst Deuker, der selbst jahrzehntelang protestantischer Pfarrer im Nachbarort Lourmarin war. Dieser malerisch gelegene Ort zählt zu den schönsten Dörfern Frankreichs.

Das Erbe der Waldenser ist allgegenwärtig. Der weitgehend erhaltene Weiler Fontjoyeuse ist heute Sommerfrische wohlhabender Städter, charakteristische Familiennamen wie Baral, Charrier oder Jaimet zeugen von Waldenser-Vorfahren. Nicht zuletzt gibt es die Domaine de Vaudois, das Waldenser-Weingut in Cabrières d´Aigues, wo die Familie Aurouze zu Verkostung und Besichtigung einlud. Eine Perle des Nationalparks Lubéron ist Oppède-le-Vieux. Der historische, verfallene Ortskern am Berg besitzt morbiden Charme und hat zahlreiche Künstler inspiriert. Von hier ging 1545 die Verfolgung der Waldenser aus.

Die Leserreise war jedoch nicht nur ein historischer Streifzug. Zeit blieb auch, für einen Abstecher in das Lavendel-Museum oder einen Besuch in Roussillon. Rote Ockerfelsen prägen die Landschaft rund um den Ort, der aus dem charakteristischen Stein erbaut ist. Auf der Rückfahrt, die ins Reformationsmuseum nach Genf führte, blickte Reiseleiter Kay Weidenmann schon voraus. Wohin könnte die nächste Reise zur Geschichte der Waldenser führen? Klar ist: Eine Erholungsfahrt wird es nicht werden. Aber sicher ein unvergesslicher und lehrreicher Trip. Alexander Hettich

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